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Śantanu rollte sich von der Seite auf den Rücken. Wie er es als Kind immer zu tun pflegte, legte er seine linke Hand flach unter seinen Kopf, um ihm eine Stütze und eine Polsterung zu schenken. Mit seiner rechten Hand zupfte er einen Schachtelhalm mühelos aus dem Boden und drehte ihn mit zwei Fingern hin und her. Er schaute den Wolken zu, die langsam vorüber zogen, rekelte sich noch etwas und schien sich dann endlich eingerichtet zu haben, um Devavrata zu antworten.

„Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wo er ist. Einige Jahre bevor du wiederkamst, verließ er mich. Eines Tages tauchte er mit seiner Frau während einer Audienz auf und unterrichtete mich, dass er in die Wälder zu gehen gedachte. Ich war bestürzt, denn Śastragupta war nicht nur mein wichtigster Ratgeber, er war wie ein zweiter Vater für mich. Ich konnte ihn alles fragen. Und dies nicht nur in Bezug zu meinen Pflichten als Kṣatriya.

Ich konnte ihn auch jederzeit mit meinen privaten Problemen belästigen. Na ja, jederzeit ist etwas übertrieben. Schließlich lebte er auf dem Berg im Gingkowald, immerhin einen halben Tagesritt vom Palast. So oft hatte ich ihn gebeten, in den Palast oder zumindest nach Hastināpura zu ziehen. Ich wäre selbstverständlich für alles aufgekommen. Elefanten, Gold, Land, Häuser, Bedienstete – alles hätte er von mir bekommen können.

Aber nein, typisch Brāhmaṇa, er war zufrieden mit seiner windigen Bambushütte im Wald. Ein Brāhmaṇa lasse sich nicht bezahlen, dies hätte er auch schon immer meinem Vater gesagt, wurde er nicht müde, mir zu erklären. Ein Brāhmaṇa sei nicht käuflich – weder mit Geld, mit einem Haus, mit Dienern, mit Macht, mit Ruhm noch mit irgendetwas anderem.“

Śantanu lächelte verschmitzt, als eine weitere Erinnerung sich ankündigte. „O Deva, einmal dachte ich, der sture Brāhmaṇa müsse einfach nur auf den Geschmack gebracht werden. Ich war es langsam leid, diese anstrengenden Ausflüge zu unternehmen. Die letzten zwei yojanas führten nämlich steil bergauf. Selbst meine besten Pferde, die wie Gämsen klettern können, kamen da nicht mehr herauf.

Ich dachte also, wenn er erst einmal die Vorzüge eines komfortablen Lebens am eigenen Leib erfahren würde, muss er doch seine Einsamkeit und seine Entsagungen aufgeben. Ich bin also mit einem ganzen Geschwader von Dienern zu ihm gegangen und habe ihm die köstlichsten Speisen gebracht. Dazu weiche Betten, kostbaren Schmuck, edle Gewänder für seine Frau, Spielzeug für seine Kinder, Möbelstücke, Streitwagen, Pferde, Kühe, Elefanten, alles, was du dir vorstellen kannst und von dem ich dachte, dass er es nutzen könnte.

Ich habe ihm alles geschenkt. Ich wusste ja, als Brāhmaṇa kann er Geschenke nicht zurückweisen, schon gar nicht vom König. Ich ließ ihm eine Woche Zeit und nutzte die Tage, um meinen treuen Verbündeten und guten Freund, Mahārāja Ganapati zu besuchen.

Und was soll ich dir sagen! Weißt du, wie viel er noch von meinen Geschenken hatte, als ich ihn wieder aufsuchte?“ Devavrata schmunzelte und schlug vor: „Ich nehme an, kein einziges mehr.“ Śantanu schlug sich auf die Schenkel und musste seinem Sohn mal wieder beipflichten. „Genau. Nicht ein einziges Geschenk hatte er behalten. Obwohl ich meinte gesehen zu haben, dass einer seiner Söhne heimlich den Lederball hinter dem Haus versteckt hatte. Wie dem auch sei, er hatte nichts für sich oder seine Familie behalten. Er hatte alles weiter verschenkt. Alles, jede einzelne Münze, jedes Tier, schlichtweg alles. Obwohl er mich wie immer höflich und zuvorkommend willkommen hieß, hatte ich fast das Gefühl, er zürnte mir etwas, dass ich ihn mit all den schönen Gaben überschüttet hatte.“

Devavrata schien etwas irritiert und fragte: „Wundert dich das etwa? Was hast du denn erwartet? Hattest du denn vergessen, dass ein Brāhmaṇa keinerlei Besitz sein Eigen nennen sollte? Das System, das als varṇāśrama-dharma bekannt ist, lässt daran keinen Zweifel. Du solltest dies besser wissen als ich. Auf den himmlischen Planeten gibt es diese Ordnung in dieser Form nicht, obwohl auch wir eine gewisse Aufgabenteilung haben. Aber in dieser ausgeklügelten Form, wie es in den Veden beschrieben wird, gibt es varṇāśrama-dharma nur auf den mittleren Planeten.“

Der Prinz schien sich diesem Thema schon ausgiebig gewidmet zu haben. Je länger er sprach, desto mehr Begeisterung zeigte er. Er stand jetzt sogar auf und ging auf der samtweichen Decke hin und her, als würde er vor einer Gruppe Schüler referieren. Vor ihm saß aber nur ein einziger, wenn auch aufmerksam lauschender und von Vaterstolz erfüllter Zuhörer. „Mein König, wie du weißt, ist der wichtigste Stand in einer Gesellschaft demnach die Klasse der Brāhmaṇas. Mit ihrer Qualität steht und fällt die Qualität der gesamten menschlichen Gesellschaft.

Daher müssen diese Lehrer und Denker hohen Ansprüchen genügen. Weisheit und Tugend kann nicht per Dekret verordnet oder durch Geburt erworben werden. Es bedarf gründlichen Studiums, der Führung durch einen Guru und die Sādhus, und es bedarf der entsprechenden Umstände und vor allem – es bedarf einer unerschütterlichen Entschlossenheit. Habe ich nicht vor einiger Zeit dieses Sprichwort von dir selbst gehört? Dieses Sprichwort mit den drei Säulen, auf denen Tugend ruht: zur Bildung eines vorbildlichen Charakters bedarf es vorbildlichen Wissens, vorbildlicher Gemeinschaft und vorbildlicher Kultur. So in etwa lautete es doch, wenn ich mich recht entsinne.“ Śantanu nickte zustimmend.

„Wie dem auch sei, mein geliebter Vater, nur Brāhmaṇas ist es erlaubt, sich unter dem Banner der Anarchie zu sammeln. Nur sie stehen außerhalb der Gesetze des Königs. Wahrlich, diese Zweimalgeborenen sind schwer zu finden, denn trotz allen Wissens und aller Macht, die sie mit sich tragen, dürfen sie keinerlei Interesse daran haben, diese Macht zu missbrauchen. Dieser Verlockung ist schwer zu widerstehen. Und deshalb ist Unabhängigkeit für jeden Brāhmaṇa so unabdingbar. Man mag sich für noch so gelehrt und intelligent halten, man mag noch so befähigt sein, Menschen zu lenken und zu lehren, man mag noch so entsagt und sauber sein – wenn man sich von anderen bezahlen lässt, macht man sich abhängig.

Jedes Geschenk, das angenommen oder angeboten wird, schafft ein unsichtbares Band zwischen zwei Menschen. Jeder Dienst schafft Abhängigkeiten. Daher sind Brāhmaṇas so vorsichtig. Sie denken immer sehr genau nach, wem und wie sie helfen und von wem sie sich helfen lassen. Wie heißt es doch in den Veden:


Des Wortes Pflicht sich kundlich tut,
bist du als Brāhmaṇa bekannt.
Von brahmans Atem ohne Wut
er künden muss in Stadt und Land.

Nur Gottes Lohn sei sein Salär,
die Tugend seiner Taten ihn erhält.
Nicht Gold sein Reichtum, nicht Begehr,
Dienst ist es, der ihn aufrecht hält.

Ins Knie fällt selbst der größte Kaiser
vor des dvijas hehrer Macht,
Lenker, Denker, Kopf und Weiser,
des Volkes Wohl er gütig überwacht.


Nun Nāreśvara, ich rede und rede, dabei weißt du dies alles bereits. Schließlich habe ich gesehen, wie du dein Königreich entsprechend organisiert hast und wie glücklich die Menschen hier sind. Aber ohne den Rat solch entsagter Weiser wie Śastragupta gibt es einfach keine Lösung für die Probleme in dieser Welt.

Verzeih, ich hatte dich unterbrochen. Der Eremit hatte also alle deine Geschenke innerhalb einer Woche weiter verschenkt. Und dann hast du ihn wieder aufgesucht. Wahrscheinlich hat er sich innerlich köstlich darüber amüsiert, dass dein kindischer Plan nicht aufgegangen war. Wahrscheinlich hast du wieder einmal ein ziemlich dummes Gesicht gemacht!“

Śantanu grinste. „So innerlich war seine Freude gar nicht. Er feixte mich an. Ich kann es nicht anders nennen – er feixte mich an und amüsierte sich königlich. Eine diebische Freude, wenn ich das unbrahmanische Wort in diesem Zusammenhang einmal verwenden darf, zog sich über sein ganzes Gesicht. Über die Geschenke verlor er kein einziges Wort, und ich habe das Thema natürlich auch nicht mehr angesprochen. Unverrichteter Dinge trollte ich mich nach Hause. Ich musste mich geschlagen geben.“

„Aber was ist denn nun aus ihm geworden?“, wollte Devavrata endlich wissen. „Er kam während einer Audienz in deinen Palast.“ Śantanu griff den Faden wieder auf. „Genau. Er kam an rāmavijaya. Wie du weißt, ist es üblich, am Tag von Rāmacandras Sieg großzügig alle Wünsche zu erfüllen. Aber im Grunde genommen kam er nicht, um mich um etwas zu bitten, sondern mehr um mich zu informieren.

Er müsse jetzt mein Königreich verlassen und nach Süden weiterziehen, ließ er mich wissen. Er wolle sich mit jemandem treffen, in einem Wald. Als ich einwendete, dass er doch schon im Wald lebe, entgegnete er, dass dies aber ein ganz bestimmter Wald sei und dass es diesen Wald nur ein einziges Mal auf diesem Planeten, ja im ganzen Universum, gäbe. Du kannst dir vorstellen, dass mich das sehr neugierig machte, denn dass es auf unserer Erde einen Wald geben soll, der sonst auf keinem anderen Planeten anzutreffen ist, nicht einmal auf Brahma-loka, hat mich schon gewundert. Darüber hatte ich noch nie gehört.

Ich habe natürlich weiter gebohrt und gefragt, ob es dort besonders einmalige Tiere oder Pflanzen gäbe, oder vielleicht besondere Mysterien der Devas. Nein, meinte er, auf den ersten Blick sei der Wald nichts Besonderes. Er würde erst dadurch so anziehend, dass dort bestimmte Menschen leben würden, die eine besondere Hingabe zu Nārāyaṇa entwickelt hätten. Als ich ihn fragte, zu welchem gotra diese hingegebenen Brāhmaṇas gehörten, lächelte er nur selig und erklärte, dass es sich bei diesen Vaiṣṇavas weder um Asketen, Gelehrte oder Yogis handelte, sondern dass in diesem Landstrich fast ausschließlich Kuhhirten lebten.

Und, so fügte er hinzu und kam damit meiner nächsten Frage zuvor, die Person, mit der er sich treffen wolle, wäre ebenfalls ein Kuhhirte, genau genommen ein Kuhhirtenjunge. Natürlich wollte ich noch mehr wissen, aber es war ausgesprochen schwierig, mehr zu erfahren. Er wollte partout nicht mehr offenbaren. Ich solle geduldig sein, riet er mir, eines Tages würde ich mehr verstehen.

Diese Geheimniskrämerei machte mich natürlich nur noch neugieriger, und so bot ich ihm an, ihn zu begleiten. Das lehnte er ab. Mein Platz wäre hier und meine Pflicht wäre es, Viṣṇu hier in Hastināpura zu dienen. Und dann sagte er etwas, was sich bei mir stark eingeprägt hat, denn als er es sagte, lag solch eine tiefe Zufriedenheit in seinen Augen, dass ich ihm am liebsten auf der Stelle gefolgt wäre.“

Śantanu machte eine Pause. Er schaute vor sich hin, als würde er diesen Moment noch einmal neu durchleben. Devavrata hatte sich inzwischen wieder gesetzt und wartete. Er konnte warten, doch bald siegte die Neugier. „Nun komm schon, spann’ mich nicht vor einen Streitwagen. Was hat er gesagt?“

Devavrata wartete gespannt auf die Antwort. Er konnte warten. „Ehrlich gesagt Deva, ich habe es bis heute nicht verstanden. Und es hat mir auch noch niemand erklären können. Er sagte, dass ich nicht befähigt sei, diesen Wald aufzusuchen, zumindest nicht in diesem Leben. Nur seine Frau könne dieses Privileg genießen. Und dann sagte er ihren Namen: Vrindadevi. Nein, er sagte ihn eigentlich nicht, er hauchte ihn, er zelebrierte ihn, er verkündete ihn. Es war, als ob in diesem Namen die Antwort auf alle Fragen liegen würde. Es schien fast, dass er sich wunderte, dass nicht alle Welt beim Hören dieses Namens ehrfürchtig erstarrte.

Ich hatte noch viele Fragen, aber er schien entschlossen, ohne weitere Verzögerungen aufzubrechen. Er wolle nicht zu spät kommen. Ich fragte ihn, zu spät für was. Und er antwortete, und ich merkte, dass seine brahmanische Geduld langsam zur Neige ging, dass er die Ankunft dieses Jungen nicht verpassen wolle. Kannst du dir das vorstellen? Dieser Kuhhirtenjunge war noch nicht einmal geboren! Und Guptaji wollte meinen Schutz verlassen, um einen noch nicht einmal geborenen gopa zu treffen.

Was blieb mir also übrig? Ich ließ ihn ziehen, wünschte ihm alles Gute, bat um seine Segnungen für unser Volk und hoffte, dass er Recht behalten würde. Ich hoffe noch immer, dass ich eines Tages verstehen werde, was diese große Seele damals bewegte, sich in Richtung dieses anscheinend geheimen Waldes aufzumachen und was ich damals angeblich nicht verstehen konnte. O Sohn Gaṅgās, an jenem Tag sah ich diesen Weisen, meinen Guru und väterlichen Freund und Ratgeber zum letzten Mal.“

 
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